Ich und die Meinen

Ich und die Meinen

Herzlich willkommen!

So, das bin ich! Ich bin Kurt Palfi. Ich habe mir gedacht, jetzt muss mal ein neues Foto her. Leider hat Onkelchen ein Nacktfoto von mir hochgeladen. Aber ich sehe doch noch recht proper aus!
Wir (das sind ich, mein missratener Sohn Gianni Dona und Onkelchen, der alles für uns tippt) lästern in diesem Blog über alles, was gerade anfällt: Fußball, Politik, Film und Fernsehen, alles Mögliche. Viel Spaß!

Mittwoch, 22. Juni 2011

Candice und die Kleiebrötchen

>>Interessant ist, dass man bei der Beurteilung fast sämtlicher Popmusik mit dem Adjektiv „verzeihlich“ auskommt.<< (Frei nach Max Goldt)

Ein Beitrag von Onkelchen, der sich nach einem fast endlosen Urlaub in Norddeutschland und Mittelitalien wieder zurückmeldet!

Wenn ich jetzt über Musik schreibe, bitte ich mir nachzusehen, dass ich niemals so etwas wie einen richtigen Musikgeschmack hatte. Ich war immer ein Eklektiker, sagte mir: Dieses Stück gefällt mir und das nicht – auch wenn es aus der gleichen Richtung oder sogar von der gleichen Band stammte. Ich weiß bis heute nicht, wo der Unterschied zwischen Pop, Funk, Ska und Acid liegt – und wann man es mit Rap und wann mit HipHop zu tun hat, bleibt für mich ein ewiges Mysterium.

Daran sind zwei Umstände schuld: Zum einen fand ich aufgrund meiner Unmusikalität zu vielen Liedern nur über die Texte Zugang. So konnte es passieren, dass mich ein Stück nicht nur ansprach, sondern sogar regelrecht ansprang, weil mir der Text etwas sagte, obwohl die Vertonung eher schlapp war. „Wallflower“ von Peter Gabriel zählt zu dieser Kategorie, obwohl das Stück gegen Ende einen ganz hübschen akustischen Sonnenaufgangs-Effekt hat. Zum anderen versaute mir Rob Hubbard die Geschmacksfindung, um es einmal mit den Worten einer meiner Romanfiguren auszudrücken. Dieser Herr dürfte mittlerweile nur noch sehr wenigen Zeitgenossen etwas sagen, einige werden ihn sicher mit dem Gründer der Scientology-Sekte namens L. Ron Hubbard verwechseln. Eins weiß ich aber gewiss: Wer den Namen Rob Hubbard kennt, hat vor vielen, vielen Jahren mit einem Commodore 64 gespielt. Ihm gebührt die Ehre, manche der weniger erinnernswerten Spieletitel mit seiner Musik zu echten Perlen gemacht zu haben. „Commando“, „Delta“, „Sanxion“, „Auf Wiedersehen Monty“, „Gerry the Germ goes Body Poppin'“, „W.A.R.“ und nicht zuletzt „Thrust“, das viele (zumindest ich) für sein opus magnum halten, sind ewig leuchtende Beispiele dafür, was man aus dem SID-Chip mit drei Sound- und einem Rauschgenerator herausholen konnte. Nur Chris Hülsbeck spielte in einer ähnlichen Liga – aber da ging's schon los: Ich bevorzugte Hubbard, er lieferte eher rhythmisch orientierte Stücke ab. Ich glaube zumindest, dass das der Grund war. Vor einigen Jahren hörte ich mal wieder die Extended Version von Chris' Hülsbecks „Shades“ und fand es meiner Erinnerung nach etwas zu kleinteilig im Vergleich zu Hubbard. Aber ich kann mich auch täuschen.

So, jetzt habe ich mich ganz langsam an das Thema herangetastet. Ich bitte festzuhalten, dass ich in Sachen Musik für vieles offen bin, allzu extreme Dinge jedoch nicht goutiere. An den meisten aktuellen Stücken stört mich der stampfende Rhythmus – es klingt immer, als ob man den Drumcomputer in der Ausgangsstellung „Schmiedehammer“ belassen hätte. Wahrscheinlich finden aus diesem Grund die angesagtesten Technopartys auch immer in aufgelassenen Fabriken statt.

Trotz dieser allgemeinen Indifferenz gegenüber den aktuellen Trends beschäftigte ich mich zu vor einiger Zeit mit einer Art akustischem Tapetenwechsel. Dilein hörte meist eine Country-CD von Terri Clark, die ich aus Kanada mitgebracht hatte. Für mich war das zu ruhig. Andererseits hatte ich mich an den krachigen Mini-Opern aus der Feder Jim Steinmans ein wenig abgehört. Steinman, ein überzeugter Wagnerianer, ist hierzulande vor allem durch die Stücke bekannt, die er für Meat Loaf geschrieben hat. Einmal kaufte ich mir sogar, ich gebe es schamhaft zu, eine Céline-Dion-CD, weil ein sieben Minuten langes Steinman-Stück drauf war. Den Rest hörte ich so gut wie nie, aber „It's All Coming Back To Me Now“ lief eine ganze Zeit lang rauf und runter in meiner Autoradio/CD-Kombination.

Ich war damals drauf und dran, wieder zu den Wurzeln – sprich zum Elektropop der frühen Achtziger mit den Buggles und den Men Without Hats – zurückzukehren, als ich aus lauter Langeweile auf SAT.1 den unsäglichen Nibelungen-Zweiteiler mit der kühlen Norwegerin verfolgte, die Arnie im dritten Terminator-Film so viele Schwierigkeiten gemacht hat. Die Norwegerin spielte die Walküre Brünhild (wen sonst?), Alicia Witt übernahm die Rolle der Kriemhild in der Sparte „mal nicht blondes, sondern abwechslungsweise rothaariges Dummchen“. Interessant waren nicht die Schauspieler, auch nicht die abgrundtief schlechten Spezialeffekte. Eigentlich ging es mir nur um den Pausentrailer, der auf die CD zum Filmereignis des Jahres hinwies.

Es war, wie man so schön sagt, ein „defining moment“. Die Tonspur des Trailers hatte was – allein, ich konnte noch nicht sagen, was – und so besorgte ich mir die so beworbene Fernsehfilm-CD.

Bis dato hatte ich noch gar nicht gewusst, dass es so etwas wie Renaissance-Rock oder Mittelalter-Metal überhaupt gab. Nun aber hörte und glaubte ich. Zwei Bands waren es, die auf dem Sampler meine besondere Aufmerksamkeit fanden: Within Temptation und Blackmore's Night.

Nun muss man wissen, dass diese Musikrichtung (oft auch „Goth Metal“ genannt) bei vielen Puristen auf Ablehnung stößt. Typisch ist in aller Regel eine bombastische Instrumentierung, nicht selten mit vollem Orchester, plus Geräuscherzeugern pseudo-keltischer Herkunft wie etwa dem Dudelsack. Dazu kommen volle Bässe (mit Schmackes) und düstere Chöre, denen eine ätherische Frauenstimme als Lead Vocal gegenübergestellt wird. Das Ganze klingt dann entweder wie Annett Louisan vor dem Hintergrund einer startenden Concorde oder eben wie Within Temptation. Nicht selten finden sich dann noch tiefe Männerstimmen, die so genannte Growls beisteuern, also eigentlich nichts anderes tun als unverständlich herumzurülpsen. Das ist dann die akustische Repräsentanz des Bösen, das von der ach so lieblich klingenden Frauenstimme Besitz ergreifen will.

Wie gesagt: Puristen mögen das nicht. In Kritiken aus dieser Ecke liest man meistens: „Seit dem Erfolg des Herrn der Ringe scheint man ja wieder zu glauben, Chöre einsetzen zu dürfen. Hoffentlich geht diese Bombastik-Welle bald vorbei.“ Leider bin ich kein Purist, sondern für Bombast sehr zu haben. Auch die Texte sind ansprechender als das ewige „F*** mich, f*** mich, f*** mich“ der lange Zeit als „in“ gehandelten Gruppen im Britney-Spears-Kielwasser. Bei Within Temptation geht es textlich zum Beispiel um das Verhältnis zur Natur („Mother Earth“), um Trauer und Verlust („Jillian“), um das Sich-nicht-Unterkriegen-Lassen („Stand My Ground“), um Sehnsucht nach der/dem Liebsten („Somewhere“).

Etwas weniger bombastisch als Within Temptation gibt sich die Formation Blackmore's Night. Hier stimmt das Etikett Goth Metal schon nicht mehr, ich würde die Musikrichtung gerne stabreimend zwischen Renaissance-Rock und Fairytale-Folk einordnen. Fairytale auch deshalb, weil die Leadsängerin Candice Night so richtig tolle, elfenhaft lange blonde Haare hat wie eine mir bekannte Latein- und Französischlehrerin aus Erlangen. Fehlen nur noch die Feenflügelchen.

Ihr Partner ist die von „Deep Purple“ und „Rainbow“ bekannte Rockgitarrenlegende Ritchie Blackmore, den sich besagte Candice Night vor ein paar Jahren als Lebensgefährten geangelt hat. Irgendwann – es muss so um das Jahr 1997 gewesen sein – schmiss Ritchie die Lederklamotten weg und hüllte sich in mittelalterliches Gewand. Und während seine Alte (die erst halb so viele Lenze zählt wie die mittlerweile stramm auf die 60 zugehende Rocklegende) im Vordergrund steht und munter mittelalterlich-folkige Liedchen trällert, klampft er im Halbdunkel der Bühne.

Glücklicherweise hat uns Candice auf ihrer Website ein paar Aufzeichnungen überliefert, die uns ahnen lassen, wie es zugegangen sein mag. Als ihre Modelkarriere nicht so recht in Schwung kam, half sie bei einer Radiostation in New York aus. Irgendwann besuchte sie ein Konzert von Rainbow, Ritchie Blackmore's damaliger Band. Und um es mit den Worten eines anderen Rockbären zu sagen: Es machte „Zooomm“.

Das Ganze hätte nun wie jenes tragische Liebesdreieck um Bob Geldof, Michael Hutchence (der allzu früh verstorbene Leadsänger von INXS) und Paula Yates enden können. Von den dreien lebt nur noch Bob Geldof. Sonderlich glücklich kann man ihn wohl aber nicht nennen, da ihn seine ehemaligen Band-Kollegen von den Boomtown Rats laut Wikipedia inzwischen wegen unterschlagener Tantiemen verklagt haben. Dass es für Ritchie nicht so kam, ist sicher Candice zu danken. Sie wird dem Gitarrengott die Flausen ausgetrieben haben. Ich kann mir richtig greifbar vorstellen, dass sie ihn trocken gelegt (welcher Musiker trinkt nicht gern mal einen? Und dann noch so'n Altrocker!) sowie auf Biokost und gesunde Kleiebrötchen gesetzt hat. Das ist zumindest meine Vermutung. Aus lauter Dankbarkeit hat er dann eine Band um sie herumgebaut, mit der er jedes Jahr durch Europa tourt, um dort in alten Burgen zu konzertieren.

Nun geschah es aber, dass sich Candice die Feindschaft einer mächtigen und übersinnlich begabten Frau zuzog. Deren Gatte hatte sich nichts ahnend in einem Münchner Media Markt die Blackmore's Night-CD „The Romantic Collection“ gekauft. Jenes Album enthielt als Zugabe eine DVD mit Videos von einigen Auftritten der Band. Erfreut legte der Gatte jenes seherisch begabten Weibes die DVD in den PC und erfreute sich am Gesang sowie wahrscheinlich auch an der Gestalt der nicht ganz unansehnlichen Frontfrau. Dabei überraschte ihn seine Frau. Sie schalt ihn: „Ich wusste doch, dass du auf langhaarige Blondinen stehst! Du, du, du!“ Der so Gescholtene wand sich, er stehe nicht auf die blonde Frontfrau, sondern auf die brünetten Background-Sängerinnen.

Dieser Vorfall war fast vergessen, als der Gatte übers Internet zwei Karten für ein Konzert von Blackmore's Night in München bestellte. Zu seiner Überraschung stimmte seine Gattin zu, als er sie fragte, ob sie mitkommen wolle. Sie aber plante ihre grausame Rache.

Und wie sie Rache nahm! Als das Konzert begann, verstrahlte sie ihre negativen Energien wie ein leck geschlagenes Atomkraftwerk. Diese Vibrationen wirkten sich zunächst äußerst schädlich auf die Konzentration von Ritchie Blackmore aus. Ein paarmal hörte er mitten im Stück auf zu klampfen und latschte geistesabwesend von der Bühne. Candice reagierte darauf sehr irritiert; einmal hörte man sie sogar sinngemäß „Was machst du denn jetzt schon wieder?“ zischen. Als sich Ritchie schließlich wieder fing, bereitete die übersinnliche Frau ihren größten Coup vor: Candice war gerade dabei, das nächste Lied anzusagen, als das Mikro plötzlich einen Röhrer tat, der dem Publikum durch Mark und Bein fuhr. Selbst jenen hartgesottenen Fans, die sich in mittelalterliche Gewänder gehüllt hatten. Es war, als hätte sich ein anderer Sender auf die Beschallungsanlage aufgeschaltet – und zwar einer, der unendlich lange eineinhalb Sekunden „Burrrp“ machte. Ein echter Maulfurz.

„Reicht's jetzt endlich?“ fragte ich Dilein. Sie aber grinste im Halbdunkel.

Der Rest des Konzerts ging störungsfrei über die Bühne.


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