Ich und die Meinen

Ich und die Meinen

Herzlich willkommen!

So, das bin ich! Ich bin Kurt Palfi. Ich habe mir gedacht, jetzt muss mal ein neues Foto her. Leider hat Onkelchen ein Nacktfoto von mir hochgeladen. Aber ich sehe doch noch recht proper aus!
Wir (das sind ich, mein missratener Sohn Gianni Dona und Onkelchen, der alles für uns tippt) lästern in diesem Blog über alles, was gerade anfällt: Fußball, Politik, Film und Fernsehen, alles Mögliche. Viel Spaß!

Donnerstag, 28. Juli 2016

Wahn! Wahn! Überall Wahn!

Onkelchen hat uns kürzlich ziemlich geschockt. Nein er hat sich keiner schrägen Sekte angeschlossen oder so - und er ist auch nicht im Darknet unterwegs. Ehrlich gesagt hat es uns aber noch mehr überrascht, Onkelchen auf einem Konzert der Symphonic-Metal-Combo Beyond the Black auf der altehrwürdigen Kapfenburg anzutreffen. Dort gastieren in der Regel ebenso altehrwürdige Bands, deren schöpferischer Zenit meist schon einige Jahre zurückliegt, siehe hier. Mike and the Mechanics gaben sich dort die Ehre, die Erste Allgemeine Verunsicherung oder auch Anastacia. Eine erfreuliche Ausnahme von der Regel war im vergangenen Jahr Roger Hodgson, der Kopf der legendären Supergruppe Supertramp. Er begann superpünktlich, spielte neben den alten Hits auch einige neuere Nummern und ließ sich auch bei den Zugaben nicht lange bitten. Er hob sich gegenüber den oft schwarz gewandeten Rockern dadurch ab, dass er bei seinen Auftritten ein weißes Hemd trägt - "dann kann man mich doch auf der Bühne besser sehen", meinte er seinerzeit sinngemäß bei einem Interview im Radio. Und beim Finale stimmten alle fröhlich in den Kulthit "It's raining again" ein. Da war es egal, dass es ausnahmsweise mal nicht regnete - das tut es leider auf der Kapfenburg zu Festivalzeiten gelegentlich und dann auch nicht zu knapp.

Beyond the Black ist da aber ein ganz anderes Kaliber. Erst einmal fällt der Sound der Combo sehr viel krachiger aus, und zum zweiten ist ein gerade erst mal 21 Jahre altes Mädel namens Jennifer Haben der Dreh- und Angelpunkt des Projekts. Die gilt aber (zu Recht!) als kommende Metal-Queen, die auf lange Sicht eine Sharon den Adel von Within Temptation oder eine Tarja Turunen (Ex-Nightwish) beerben könnte. Man muss sich das erst mal geben, dass Sharon den Adel vom Alter her ja gut und gerne die Mutter von Jennifer Haben sein könnte. Gerüchteweise begann erst vor zwei Jahren beim Festival von Wacken der kometenhafte Aufstieg von Beyond the Black, und seither singt Frau Haben munter davon, dass sie in der Dunkelheit ertrinkt ("Drowning in Darkness"), sich in der Ewigkeit verliert ("Lost in Forever") oder sie singt einfach Lieder von Liebe und Tod ("Songs of Love and Death"). Schon ein bisschen düster, oder?


Interessanterweise scheiden sich an dieser speziellen Metal-Spielart die Geister. Den Vertretern der reinen Lehre klingt diese Musik zu poppig - zitieren wir hier mal den Experten der Schwäbischen Post, dem das Ganze zu zuckerig ausfällt: "Den keyboarddominierten Melodien wird vom Schlagzeug kontra gegeben. Das wummert durch die Boxen und Habens Stimme verschwindet nahezu hinter dem Vorhang aus Trommelgedröhn und Synthiegekleistere." (Auf welcher Journalistenschule lernen die schneidigen Jungreporter solche schnöseligen Totschlagvokabeln?)

Das Konkurrenzblatt Schwäbische Zeitung titelte dagegen: "Harte Riffs und himmlische Melodien" und sprach von einer "düster-melancholischen Show". Die scheint auch mein Onkelchen sehr mitgerissen zu haben, denn am Ende wollte er einfach nur seinem Star nahe sein. Was ihm auch gelang, immerhin sprang ein Autogramm dabei heraus:


Ich befürchte aber, dass ihm diese kurze Audienz bei der Metaller-Queen nicht sonderlich gut getan hat, denn er begann jetzt, davon zu faseln, nach Wacken zu fahren und zum Summer-Breeze-
Festival nach Dinkelsbühl, was ja auch ganz in der Nähe ist. Und es kommt noch schlimmer! Er denkt daran, die weibliche Hauptrolle der Verfilmung seines Fantasy-Romans (ihr wisst doch noch? Hier zur Erinnerung...) mit der Dame zu besetzen - wenn Onkelchen das Machwerk wenigstens mal fertig kriegen würde. Wahn! Wahn, überall Wahn!

Es hilft nichts. Onkelchen muss von dieser düster-melancholischen Droge runter! Ich habe meinen ansonsten zwar missratenen, aber mitunter auch recht cleveren Sohn Gianni Dona gebeten, unser Onkelchen mit Ausschnitten aus den Meistersingern von Nürnberg zu beschallen, denn auf Richard Wagners Musik reagiert er im Allgemeinen ganz positiv. Ich selbst habe den Klingelton auf seinem Handy umgestellt: Statt Jennifer Habens Sirenengesang erklingt nun das Motiv aus dem Film Cloud Atlas. Das beruhigt ihn hoffentlich - der Streifen war ja langweilig genug.



Sonntag, 10. Juli 2016

Das bittere EM-Aus: Jetzt muss endlich Peter Neururer ran!

Tears for heroes dressed in grey,
No plans for final day,
stay in bed, drift away.

Tja, ich glaube, das bringt die Stimmung der deutschen Fußballfans am heutigen EM-Finaltag ziemlich genau auf den Punkt. Naja, bis auf die Kleinigkeit, dass die Deutschen selbstverständlich in Weiß gekleidet waren und nicht in grau, wie die Engländer vor ziemlich genau 20 Jahren. Aber ansonsten, so sagt zumindest Onkelchen, kann er die Gefühle der Engländer ziemlich gut nachvollziehen, bei der EM im eigenen Land das Finale verpassten. Diesmal hat es nun die Deutschen erwischt. Man könnte nun sagen, es war halt Pech, besonders der Handelfmeter in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit. Die Verletzungsmisere.

Quatsch, sage ich. Alles Ausreden!

Die Fans der deutschen Fußball-Nationalmannschaft haben sich natürlich zu gern einlullen lassen. Die Durchhalteparolen der sportlichen Leitung ließen ja durchaus darauf hoffen, dass nach dem historischen Erfolg über Italien ein Halbfinalsieg gegen Frankreich folgen würde. Wer aber Augen hatte zu sehen und Ohren hatte zu hören, dem war klar, dass das Viertelfinale gegen Italien ein Pyrrhussieg war, ein Muster ohne Wert. Die Offensivschwäche des deutschen Teams zog sich zu stark, zu deutlich durch das ganze Turnier, als dass man "La Mannschaft" für einen ernsthaften Titelaspiranten hätte halten können. Darüber hinaus konnte die Nationalelf immer weniger Kapital aus Standardsituationen schlagen.

Die gebetsmühlenhaft gepriesene Dominanz des Teams mit Ballbesitzquoten weit jenseits der 60 Prozent relativiert sich spätestens dann, wenn man betrachtet, dass in der Regel kurz vor der gegnerischen Strafraumgrenze Schluss war. Dann wurde quergespielt, hin und wieder gab's mal einen Flügelwechsel, aber alles mit Ansage, oft ohne jeglichen Überraschungseffekt. Das 1-0 gegen Italien war eine der seltenen Ausnahmen: Ballgewinn am Flügel durch Gomez, spitz hineingespielt zu Hector, und vollendet durch Özil. Ironisch vielleicht, dass es umgekehrt geplant war: Sollte nicht eigentlich Gomez die Anspielstation im Sturmzentrum bilden? War nicht eigentlich Özil als Vorlagengeber vorgesehen? Eine wunderbare Aktion, zweifellos, aber eine mit Seltenheitswert. Und als Gomez verletzungsbedingt fürs Halbfinale ausfiel, wagte offensichtlich keiner (auch nicht aus der reichlich vertretenen Journaille), die alles entscheidende Frage zu stellen: Wer soll eigentlich die Tore gegen Frankreich schießen?

Es ist in der Nationalmannschaft schon ein bisschen wie in der Politik: Ähnlich wie Madame Merkel scheint Joachim Löw schon in die Sphären der Unfehlbarkeit gerückt zu sein. Auch wenn schon bei oberflächlichem Hinschauen klar wird, dass die Aktionen der deutschen Elf oft zu durchsichtig, zu behäbig, zu bürokratisch wirkten - ganz so, als müsse ein Spieler einen Antrag in drei Ausfertigungen ausfüllen (natürlich ohne Durchschlagpapier), bevor er aufs gegnerische Tor schießen darf.

Die Frage, ob Jogi Löw vor dem Italienspiel nachts verschwitzt und stöhnend aufgewacht ist, um alsdann die Dreierkette als Ei des Kolumbus zu präsentieren, ist ebenfalls müßig. Eine Dreierkette mit Libero vor der Abwehr ist beileibe so innovativ nicht: Schon Berti Vogts ließ bei der EM vor 20 Jahren auf diese Weise spielen.

Die deutsche Mannschaft wird schon deshalb, anders als die Spanier, keine Ära begründen, weil Löw seine Spielidee - nämlich hohe Ballbesitzquoten und Dominanz im Mittelfeld - größtenteils von den Spaniern kooptiert hat. Da aber auch die Spanier nun mittlerweile offensichtlich endgültig entzaubert sind, wissen die einschlägigen Titelaspiranten auch, wie sie gegen die Deutschen antreten müssen.

Löw muss sich mehrere Versäumnisse ankreiden lassen. Zum einen hat er zu sehr auf Ballbesitzfußball und "falsche Neuner" gesetzt und dabei den Trend verpasst, dass zahlreiche Mannschaften wieder mit klassischen Stürmer operieren (Pellé, Griezmann, Giroud). Zum zweiten (und dieses Problem hängt mit dem ersten zusammen) hatte er nach der Verletzung seines einzigen etatmäßigen Stürmers kein echtes Backup. Drittens vernachlässigte er die Standardsituationen. Viertens sah er dem Offensivproblem (zahllose Querpässe vor der gegnerischen Strafraumgrenze ohne Durchschlagskraft) weitgehend tatenlos zu, er versuchte die hohen Ballbesitzquoten sogar als Pluspunkt seiner Mannschaft hinzustellen.

Deswegen muss jetzt gehandelt werden. Joachim Löw sollte nach den unumstrittenen Verdiensten der seiner Amtszeit (den Weltmeistertitel kann ihm keiner nehmen) nun den Platz für einen echten Neubeginn frei machen, für ein Spielverständnis, das auf größere Effizienz ausgelegt ist, auf Erfolg bei Standardsituationen und größere Flexibilität. Peter Neururer ist dafür der richtige Aspirant. Sein Fachwissen ist unerreicht, zudem traue ich ihm auch zu, in abgespannten Spieler, die eine lange, ermüdende Saison hinter sich haben, das Feuer zu entzünden, das man für ein langes Turnier braucht.

In diesem Sinne: Abtritt mit Applaus für Jogi, Auftritt Peter Neururer!

Und ja, das meine ich ernst.