Ich und die Meinen

Ich und die Meinen

Herzlich willkommen!

So, das bin ich! Ich bin Kurt Palfi. Ich habe mir gedacht, jetzt muss mal ein neues Foto her. Leider hat Onkelchen ein Nacktfoto von mir hochgeladen. Aber ich sehe doch noch recht proper aus!
Wir (das sind ich, mein missratener Sohn Gianni Dona und Onkelchen, der alles für uns tippt) lästern in diesem Blog über alles, was gerade anfällt: Fußball, Politik, Film und Fernsehen, alles Mögliche. Viel Spaß!

Sonntag, 24. Februar 2013

Pfarrerin Florentine und die Sedisvakantisten (oder sind es Sedisprivationisten?)

Onkelchen bezeichnet sich manchmal als Sedisvakantist. Das ist ein sehr kompliziertes Wort, das damit zu tun hat, dass ein Stuhl leer oder verwaist ist. Sedisvakantisten glauben also, dass ein bestimmter Stuhl leer ist. Das wäre an sich noch nicht schlimm, allerdings handelt es sich bei diesem leeren Stuhl um den Heiligen Stuhl, also den Papstthron in Rom. Und hier wird's leider Gottes kompliziert.

Sedisvakantismus ist eine für Außenstehende abstruse Glaubenseinstellung katholischer Ultras. Sie besagt (in Kurzfassung), dass Pius XII. der letzte legitim gewählte Papst gewesen sei. Johannes XXIII., der 1958 auf ihn folgte, sei dagegen ein unberechtigter Usurpator und von vornherein nicht wählbar gewesen, weil Johannes XXIII. heimlich Freimaurer gewesen sei. Da Freimaurer nach katholischer Lehre zu exkommunizieren sind, kann ein Freimaurer logischerweise kein Papst werden. Und weil ein Freimaurer kein Papst sein kann, ist alles, was dieser Papst beschließt, null und nichtig: Das Zweite Vatikanische Konzil: Gildet nicht, Annäherung der katholischen Kirche zu den Protestanten: Hat es nie gegeben. Bischofs- und Kardinalsernennungen, die dieser Papst vornimmt: Sämtlich ungültig. Liturgiereform: Pffft.

Das Blöde ist halt leider, dass Paul VI. von Johannes XXIII. zum Kardinal erhoben wurde (Ungültig!) und deswegen seinerseits ungültig gewählt wurde und Johannes Paul I., Johannes Paul II. und Benedikt XVI. allesamt ungültig gewählt wurden, weil sie ihrerseits von dem ungültig gewählten Paul VI. zu Kardinälen erhoben wurden. Und wahrscheinlich gildet die Wahl des nächsten Papstes dann auch nicht.

Eine noch abstrusere Spielart des Sedisvakantismus ist der Sedisprivationismus. Der geht davon aus, dass beim Konklave von 1958 der ultrakonservative Kardinal Giuseppe Siri aus Genua gültig zum Papst gewählt wurde, allerdings auf Druck der liberalen Kardinäle, die damit drohten, eine eigene Kirche aufzumachen, auf den Thron verzichtete. Leider war aber (angeblich!) schon der weiße Rauch aufgestiegen, und die Gläubigen hatten auf dem Petersplatz auf das erlösende "Habemus Papam" gewartet, das an diesem Tage aber doch nicht kam.

Erst nach diesem Zwischenfall sei Johannes XXIII. gewählt worden. Da aber ein Amtsverzicht eines Papstes laut Kirchenrecht ungültig ist, wenn er auf Druck und unter Erpressung erfolgt, soll Kardinal Siri bis zu seinem Tode 1989 der gültige Papst Gregor XVII. gewesen sein. Sedisprivationismus bedeutet daher, dass jemand an der Inbesitznahme des Heiligen Stuhles gehindert wird, was im Falle Siris ja der Fall gewesen sein soll.

Tante Dilein ist nun aber Protestantin der lutheranischen Obödienz, und Onkelchen wird deshalb als vorgeblicher Sedisvakantist (oder doch eher Sedisprivationist?) nicht müde, ihr vorzuhalten, dass es außerhalb der katholischen Kirche (und zwar der wahren, also nicht der Post-Vaticanum-II-Sekte) kein Seelenheil und keine Rettung gibt, denn die Annäherung nach dem II. Vatikanischen Konzil an die Protestanten war ja, wie gesagt, nicht gültig. Nur manchmal trottet er hinter Dilein her, wenn sie im evangelischen Gottesdienst mal was vorlesen oder Kirchenkaffee kochen muss.

So auch heute. Doch dann gingen Onkelchen die Augen auf, denn heute hielt eine sehr hübsche Pfarrerin mit dem noch hübscheren Namen Florentine den Gottesdienst, in dem Tante Dilein eine kurze Schnurre aus dem Johannesevangelium vorzulesen hatte (gilt das denn überhaupt aus Sicht der Sedisprivationisten?). Deshalb saß Onkelchen heute in der zweiten Reihe, direkt hinter der Pfarrerin, die einen wunderbaren Wohlgeruch verströmte. Und sie sprach auch nicht über Schuhe, sondern hielt eine ernste Predigt über die schleichende Erosion der Mittelschicht und die wachsende Ungerechtigkeit und die bösen Erzkapitalisten.

"Er hoffte auf Rechtsspruch - und erntete Rechtsbruch, statt Liebe und Treue nur Hilfeschreie!" zitierte Pfarrerin Florentine in ihrer Predigt das Weinberglied des Propheten Jesaja. Das gefiel Onkelchen so gut, dass er meinte: Na ja, ganz so verdammt können die Evangelischen wohl doch nicht sein - ganz egal, wer letztlich auf dem Thron in Rom hockt!

Mittwoch, 20. Februar 2013

Päpste beim Fachsimpeln



Na Onkelchen, jetzt ist es ja eine Woche her, seitdem Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt angekündigt hat. Wer wird denn sein Nachfolger?

Ich habe keine Ahnung.

Ach komm! Das glaube ich Dir nicht.

Doch! Ich bin wahnsinnig schlecht darin, Ergebnisse von Papstwahlen vorherzusagen. Beim zweiten Konklave 1978, bei dem Karol Wojtyla gewählt wurde, war mein Favorit Kardinal Pappalardo aus Palermo. Er galt damals als Außenseiter, denn die Favoriten waren der liberale Kardinal Benelli aus Florenz und Kardinal Siri aus Genua auf der konservativen Seite. Dass wenige Tage später der Pole Wojtyla gewählt werden würde, konnte sich damals keiner vorstellen, denn zu diesem Zeitpunkt waren seit 455 Jahren nur Italiener auf den Stuhl Petri gewählt worden. Als ich damals mit meiner Mutter über meine Präferenz sprach, meinte sie, Pappalardo sei zu jung – er war damals gerade 60 und so ziemlich der Benjamin unter den italienischen Kardinälen. Konnte ja keiner ahnen, dass mit Wojtyla für Vatikan-Verhältnisse ein Jungspund mit 58 Jahren Papst werden würde! Nein, mit Wojtyla rechnete vor dem Konklave keiner.

Und wie war es 2005?

2005 war mein Favorit der Kardinal Maradiaga aus Tegucigalpa in Honduras. Er war damals auch einer der jüngeren Kardinäle. Auch diesmal ist er wieder dabei und mit 70 Jahren in einem durchaus wählbaren Alter.

Hast du 2005 gar nicht mit Ratzinger gerechnet?

Kardinal Ratzinger war 2005 der eindeutige Favorit. Ich habe damals die Papabili-Listen mehrerer internationaler Medien miteinander verglichen. Er war der einzige, der auf allen Listen stand. Aber zwei Dinge sprachen aus meiner Sicht gegen ihn: Einmal das zu diesem Zeitpunkt schon vorgerückte Alter – er war erst ein paar Tage vor dem Beginn des Konklaves 78 Jahre alt geworden – und das alte Sprichwort, dass wer als Papst ins Konklave hineingeht, als Kardinal wieder herauskommt.

Ist das immer so?

Es kommt darauf an, wie man das Sprichwort versteht. Tatsächlich sind bei den letzten sechs Papstwahlen dreimal die ganz großen Favoriten gekürt worden – 1939 Eugenio Pacelli (Pius XII), 1963 Giovanni Battista Montini (Paul VI) und eben 2005 Joseph Ratzinger. Das würde ja diese alte Regel widerlegen. Aber man kann das Sprichwort eben auf zweierlei Weise interpretieren. Einmal so, dass die Kardinäle, die als Favoriten gelten, eben nicht Papst werden – oder in dem Sinne, dass sich Papabili, die sich schon im Vorfeld wie der kommende Papst gebärden, eben als Kardinäle wieder aus dem Konklave herauskommen.

Gibt es dafür Beispiele?

Ja. David A. Yallop, der in seinem Buch Im Namen Gottes? die Theorie formulierte, der 33-Tage-Papst Johannes Paul I. sei ermordet worden, berichtet von einem Kardinal namens Pignedoli, der sich nach dem Tod von Paul VI. schon wie der kommende Papst aufgespielt haben soll. Es geht auch die Fama, dass ein afrikanischer Kardinal, der 2005 zum erweiterten Favoritenkreis zählte, bereits vorher am Spiegel die Gesten für den Segen Urbi et Orbi auf der Loggia des Petersdoms eingeübt haben soll. So etwas kommt nicht gut an, wenn es ruchbar wird.

Gut. Auf diese Mord-Hypothese würde ich nachher gerne nochmal zu sprechen kommen. Aber gibt es denn irgendwelche Erfahrungswerte, an die man sich halten kann? Was ist denn zum Beispiel mit dem Beginn des Konklaves? Wann soll es denn stattfinden?

Das ist momentan noch eine ganz ungeklärte Frage. Bisher gilt, dass zwischen dem Eintritt der Sedisvakanz und dem Beginn des Konklaves zwischen 15 und 20 Tage liegen müssen. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass die Kardinäle aus allen Teilen der Welt nach Rom anreisen müssen. Aber es hat auch damit zu tun, dass bisher die Sedisvakanz nur durch den Tod des alten Papstes eintrat. Deswegen wollte man natürlich eine angemessene Trauerzeit einhalten, bis man zur Wahl eines Nachfolgers schritt. Das ist ja diesmal gar nicht der Fall. Eine Trauerzeit ist gar nicht nötig, zudem vergehen zwischen der Ankündigung des Rücktritts von Benedikt XVI. und dem tatsächlichen Ende seiner Amtszeit auch noch einmal gute zwei Wochen. Das heißt, die Kirche befindet sich gewissermaßen über fünf Wochen in einem Schwebezustand, was natürlich nicht gut ist. Deswegen gibt es ja Bestrebungen, das Konklave nicht erst am 15. März, sondern schon vorher zu eröffnen, Dazu müsste Benedikt als noch amtierender Papst jedoch durch ein Dekret den Weg freimachen und die Kardinäle müssten sich dann darauf verständigen, dass sie auch zu einem vorgezogenen Termin mit dem Konklave beginnen. Das ist also nicht ganz einfach. Das Kirchenrecht gibt zwar die allgemeinen Regeln vor, der Papst kann jedoch – es gibt hierfür in der Kirchenjuristerei einen schönen Ausdruck, nämlich pro hac vice, zu Deutsch: für dieses eine Mal, für diesen speziellen Fall – eine Ausnahmeregelung festlegen. Aber das wird sich in den nächsten Tagen zeigen.

Wo verlaufen denn im Kardinalskollegium die Bruchlinien?

Ich denke, da gibt es mehrere Fronten. Zum einen haben wir natürlich den geographischen Aspekt - die europäischen Kardinäle versus die Kirchenvertreter aus der Dritten Welt. Da gibt es natürlich noch einige Varianten, denn die italienischen Kardinäle würden es sehr gerne sehen, dass nach einem Polen und einem Deutschen wieder ein Italiener auf dem Stuhl Petri Platz nimmt. Dann weiß man auch nicht, ob die Kardinäle aus der Dritten Welt so etwas wie eine Allianz mit dem Ziel bilden können, einen der Ihren zu wählen. Es ist ja durchaus denkbar, dass die Kardinäle aus Lateinamerika und aus Afrika unterschiedliche Ansichten und Prioritäten haben. Dann ist natürlich offen, welche Rolle die Vertreter aus Nordamerika spielen werden – halten sie eher zu den Europäern oder würden sie einen Kandidaten der Dritten Welt unterstützen? Und auch bei den Europäern ist nicht gesagt, dass sie eine einheitliche Agenda haben. Ich kann es mir durchaus vorstellen, dass ein Afrikaner oder Lateinamerikaner auch für den einen oder anderen Europäer wählbar wäre. Eine ganz wichtige Bruchlinie verläuft außerdem zwischen den Vatikan-Insidern, also den Kurienkardinälen, und den Erzbischöfen, die tatsächlich einer Diözese vorstehen und als Seelsorger tätig sind. Ich würde mir auf jeden Fall einen Papst wünschen, der tatsächlich ein gerüttelt Maß an pastoraler Erfahrung hat und nicht nur die vatikanischen Korridore kennt. Ich hab‘ mal gesagt: Ich wünsche mir einen Papst wie Don Camillo – also einen, der eine klare Linie vertritt, dabei aber Mensch bleibt und für den die Nächstenliebe vor dem Dogma kommt.

Soll er auch zuhauen können wie Don Camillo?

Ich denke, er sollte eine gewisse Robustheit an den Tag legen. Und er sollte nicht zu alt sein. In der Vergangenheit galt ja eine Spanne von 65 bis 70 Jahren als das ideale Alter für einen Papst. Wojtyla und Ratzinger waren hier Ausnahmen – Pius XII, Paul VI und Johannes Paul I waren um die 65 Jahre alt, als sie jeweils zum Papst gewählt wurden.

Womit wir wieder bei der Mordtheorie wären, die den überraschenden Tod von Johannes Paul I. im Jahr 1978 nach wie vor umgibt. Deine Meinung?

In meiner Jugendzeit war ich davon überzeugt, dass Albino Luciani alias Johannes Paul I. ermordet wurde. Heute denke ich nicht mehr so.

Und warum?

Luciani war zwar erst 65 Jahre alt, als er zum Papst gewählt wurde – man könnte also sagen, im besten Alter – aber er war nicht gesund. Wenn man das Buch von David A. Yallop, der die Mordhypothese formuliert hat, aufmerksam liest, dann merkt man, dass er mit allen Mitteln herunterzuspielen versucht, dass Albino Luciani eine sehr komplexe Krankengeschichte hatte. Er war möglicherweise nicht lebensbedrohlich krank, als er ins Konklave ging, aber er strotzte in keinster Weise so vor Gesundheit wie der polnische Naturbursche, der nach ihm kam. Yallop versucht das ziemlich herunterzuspielen, aber es gelingt ihm nicht. Zudem hat ihm ein anderer Journalistenkollege namens John Cornwell später doch auch einige gravierende Recherchefehler und Ungenauigkeiten nachgewiesen. Ich würde mal sagen: Luciani hätte zum Zeitpunkt seiner Wahl viel besser daran getan, in eine Kur zu gehen, als Papst zu werden. Dazu kommt, dass er sehr einsam war. Papst zu sein, ist ein sehr einsamer Job. Und sein Vorgänger Paul VI. war gegen Ende seiner Amtszeit schon längere Zeit krank gewesen, es hatten sich also viele unerledigte Dinge angehäuft. Und nun sollte Johannes Paul I. plötzlich Dinge entscheiden, von denen er die Sachverhalte gar nicht kennen konnte. Der Vatikan scheint auch damals kein Biotop gewesen zu sein, in dem Vertrauen gedieh. Albino Luciani wird deshalb der Satz zugeschrieben: „Zwei Dinge sind im Vatikan nur schwer zu bekommen: Ehrlichkeit und eine gute Tasse Kaffee.“  Ich denke, der Job als Papst hat Luciani umgebracht. Er war gesundheitlich angeschlagen und kam dann in diesen Job und in dieses Umfeld hinein. Und das hat ihn fertiggemacht.      

Montag, 11. Februar 2013

Der Papst geht! Und Onkelchen sagt, was er dazu denkt!



Hallo Onkelchen. Du hast es bestimmt gehört: Der Papst tritt zurück – zum ersten Mal seit wer weiß wie vielen hundert Jahren gibt ein Papst freiwillig den Stuhl Petri auf. Wie hast du diese Nachricht aufgenommen?

Ich war völlig überrascht, fast geschockt. Das kam für mich völlig überraschend.

Wie hast Du’s erfahren?

Meine Frau rief mich im Büro an. Ich dachte, sie macht einen Scherz. Es ist ja schließlich Rosenmontag – der Höhepunkt der närrischen Zeit. Erst als ich dann im Internet nachguckte, sah ich, dass sie es sich nicht einfach ausgedacht hatte. Ich dachte, ich spinne.

Warum dachtest Du, dass das nicht sein kann - oder nicht sein darf? 

Mir war eines klar: In dem Augenblick, in dem Benedikt zurücktritt, wird sein Pontifikat von der Weltpresse als Fehlschlag gewertet werden, als verlorene Zeit für die Kirche. Und die meisten Kommentatoren haben denn auch prompt in dieser Richtung berichtet. Ich denke, das hat er nicht verdient, ich halte Benedikt für den am meisten missverstandenen Papst – und ich meine wirklich böswillig missverstandenen Papst – der letzten hundert Jahre. Jetzt, ein paar Stunden später, ist dieses Gefühl eher einem tiefen Respekt gewichen. Ich finde es aufrichtig, dass dieser Papst sagt: Ich kann einfach nicht mehr, jetzt ist es Zeit, den Stab an einen Anderen, einen Jüngeren weiterzureichen. Und es ist sicher auch besser, als wenn er im Amt dahindämmert, bis er dann mit den Füßen voran auf den Petersplatz getragen würde.

Sein Vorgänger Johannes Paul II. dachte anders darüber…

Ja, das ist zweifellos richtig. Johannes Paul II. hat den Menschen in seinen letzten Lebensjahren in seiner Krankheit den gekreuzigten Christus vor Augen geführt. Das war etwas Großes, etwas Bewegendes - etwas, was hoffentlich vielen alten und kranken Menschen Mut und Kraft gegeben hat. Benedikt ist aber ein anderer Typ, und er hat für sich einen anderen Weg gewählt. Benedikt war und ist immer ein Mann des Wortes, und nicht zuletzt des geschriebenen Wortes gewesen. Johannes Paul II. war ein Mann, der auch durch seine Gesten und seine Spontaneität wirkte. Ich erinnere mich an das Osterfest 2004, ein Jahr vor seinem Tod – Johannes Paul verlas gerade in deutscher Sprache den Ostergruß, und im Hintergrund sang war eine Pilgergruppe zu hören, ich verstand nicht genau, was sie sangen, aber der Papst muss es gehört haben, es war wohl so etwas wie „Johannes Paul der Zweite, wir steh‘n an Deiner Seite“. Und dann sah er auf und rief aus: „Genau!“ Es waren diese Gesten, diese Augenblicke, die Johannes Paul II. in den Herzen der Menschen verankerten. Er hatte das Gefühl für den Augenblick, für eine Bewegung, ein Wort – er war ja schließlich Schauspieler gewesen in seiner Jugend. Benedikt ist ein nüchternerer Typ, viel mehr Verstandesmensch, vielleicht auch ein wenig verkopft. Deswegen hat er nicht diese Emotionen hervorgerufen wie sein Vorgänger.

Aber halten wir fest: Benedikt war ein anderer Typ als Johannes Paul, und deshalb entschied er sich wohl auch, sein Pontifikat anders zu Ende zu führen. Gab es aus deiner Sicht denn tiefere Gründe dafür, dass Benedikt sein Amt aufgibt? 

Nun, seine Gesundheit und sein fortgeschrittenes Alter werden sicher eine zentrale Rolle bei seinen Überlegungen gespielt haben. Aber ich denke auch, dass einige Enttäuschungen im Amt ihre Spuren hinterlassen haben. Er hat definitiv unter dem Missbrauchsskandal gelitten, und die Vatileaks-Affäre, in der er von Menschen hintergangen wurde, denen er vertraute, dürfte ihr Übriges dazu getan haben. Als Papst ist man unglaublich einsam, und wenn dann noch der Kammerdiener wichtige Akten stiehl und an die Presse oder irgendwelche noch unbekannten Hintermänner verkauft… Darüber ist er sicher nur schwer hinweggekommen.

Du hast gesagt, Benedikt war einer der am meisten missverstandenen Päpste. Was meinst Du damit?

Ich will damit sagen, dass gewisse Leute in ihm immer den konservativen Hardliner gesehen haben, ohne ihm wirklich zuzuhören – oder ihn zu lesen. Die Menschen, die ihm begegnen durften, waren samt und sonders von seiner Bescheidenheit und Aufrichtigkeit beeindruckt. Er hat gesehen, woran es unserer Welt krankt – an einem Übermaß an Egoismus, der sich in einer unglaublichen Gleichgültigkeit dem Mitmenschen gegenüber ausdrückt. Er hat sehr genau gesehen, dass wir zwar zu jedem Augenblick von Nachrichten und Informationen überschüttet werden, aber nicht mehr unterscheiden können, welche Sinneseindrücke nun gut für uns sind und welche nicht. Und dann werden gebetsmühlenhaft immer Reformen eingefordert. Mich erinnert das an die Zeit, als die Nationalmannschaft ein paarmal echten Mist spielte und in einigen Turnieren nicht über die Vorrunde hinauskam. Dann forderten die Reporter immer „neue Strukturen“. Sie wussten zwar nicht genau, was sie wirklich wollten, aber irgendetwas mussten sie ja schreiben. Deswegen „neue Strukturen“. Und genauso ist das auch mit dem sogenannten Reformstau in der Kirche.

Ich wusste, dass Du nicht ohne eine Fußball-Analogie auskommen würdest. Aber jetzt mal konkret. Gibt es keinen Reformbedarf in der Kirche? 

Schon der heilige Papst Pius X. (amtierte 1903 - 1914) hat das Motto „omnia in Christo renovare“ gepflegt. Das bedeutet zu Deutsch: Alles in Christus erneuern. Ich denke aber, dass bei allem Erneuerungsbedarf das, was die katholische Identität ausmacht, nicht verhandelbar ist. Wenn jetzt zum Beispiel alle Priester heiraten dürften und die Kirche in Sachen Morallehre einen Schwenk in Richtung „Erlaubt ist, was gefällt“ machte, dann hätten wir nichts weiter als ein Abziehbild der evangelischen Kirche. Und bei denen sind die Gottesdienste auch leer. Ich wehre mich dagegen, dass die katholische Kirche mehr wie die evangelische werden soll. Die Evangelischen könnten ruhig mal ein oder zwei Schritte auf uns Katholiken zukommen.

Würdest Du Dir einen Papst aus der Dritten Welt wünschen? 

Irgendwann muss ein Papst aus der Dritten Welt kommen, das ist völlig logisch. Denn die Kirche ist heute mehr denn je eine Kirche der Dritten Welt. Warum also nicht jetzt? Allerdings bedeutet ein Papst aus der Dritten Welt nicht notwendigerweise, dass er „moderner“, liberaler oder progessiver denkt. Ratzinger wurde 2005 auch deswegen gewählt, weil die Dritte Welt sich nicht auf einen Kandidaten einigen konnte. Man darf nicht vergessen, dass das Opus Dei in den spanischsprachigen Ländern, und das heißt auch und gerade in Lateinamerika, eine starke Basis hat. Wenn also zum Beispiel ein Lateinamerikaner gewählt werden sollte, heißt das nicht automatisch, dass er ein progressiver Kandidat ist. Ich denke auch, dass ein Papst, der aus einem Entwicklungsland käme, von uns Westeuropäern verlangen würde, die eine oder andere Kröte zu schlucken. Das heißt nicht, dass ich gegen einen Papst aus der Dritten Welt bin, aber man darf sich darauf einstellen, dass ein Pontifex aus einem Entwicklungsland etwas andere Prioritäten haben dürfte, als die Westeuropäer und Nordamerikaner in ihrem hedonistischen Lebensstil zu bestätigen. Das wird aus meiner Sicht nicht passieren.

Was sollte jetzt aus deiner Sicht passieren? 

Ich finde, man sollte Benedikt XVI. den Abgang so leicht wie möglich machen. Er hat das Datum und die Uhrzeit festgelegt, an denen er sein Amt abgibt. Der 28. Februar, acht Uhr abends. Warum sollte das Konklave nicht gleich am Tag darauf beginnen? Ich fände es Zeitverschwendung, wenn man dann noch drei bis vier Wochen ins Land gehen lässt, bevor man mit der Papstwahl beginnt. Ich würde am 1. März um neun Uhr fröhlich „Extra omnes“ rufen, die Tür zur Sixtinischen Kapelle zusperren und dann gebannt auf den berühmten Schornstein schauen. Denn es wird spannend!

Sonntag, 10. Februar 2013

Onkelchens Horrorfahrt!

Wenn's dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis. Und wenn es Onkelchen zu gut geht, steigt er sogar in einen Rennwagen ein! Das hat Onkelchen im vergangenen Jahr tatsächlich gemacht - und sofort bereut, denn es war ein echter Horrortrip! Manchmal ist das Reporterleben wirklich gefährlich. Aber seht selbst!