Ich und die Meinen

Ich und die Meinen

Herzlich willkommen!

So, das bin ich! Ich bin Kurt Palfi. Ich habe mir gedacht, jetzt muss mal ein neues Foto her. Leider hat Onkelchen ein Nacktfoto von mir hochgeladen. Aber ich sehe doch noch recht proper aus!
Wir (das sind ich, mein missratener Sohn Gianni Dona und Onkelchen, der alles für uns tippt) lästern in diesem Blog über alles, was gerade anfällt: Fußball, Politik, Film und Fernsehen, alles Mögliche. Viel Spaß!

Dienstag, 15. Mai 2018

Argentinien 1978: Ein Festival des Mangels und der Entbehrung

Tja, die Sache mit dem Fußball! Es sind ja nur noch enige Wochen bis zum Start der Weltmeisterschaft in Russland. Und da lohnt es sich doch, einmal zurückzuschauen und die vergangenen Turniere Paroli laufen Revue passieren zu lassen. Das bietet sich deshalb an, weil das erste Turnier, das Onkelchen und ich bewusst erlebt haben, die WM 1978 in Agentinien war.

Die damalige WM ist nicht allerorten in bester Erinnerung geblieben. Dafür gibt es vielerlei Gründe: Die argentinische Militärregierung nutzte das Turnier als Propaganda-Veranstaltung, die Endspiel-Teilnahme der gastgebenden Argentinier kam unter höchst merkwürdigen Umständen zustande (die Gastgeber erreichten mit einem 6:0 gegen Peru genau das passende Ergebnis, nachdem die Brasilianer zuvor 3:1 gegen Polen gewonnen hatten. Zudem fanden in der Argentinien-Gruppe die beiden abschließenden Spiele nicht parallel statt, obwohl dies von der Turnierplanung zuvor so vorgesehen gewesen war).
Darüber hinaus endete die erfolgreiche Ära von Bundestrainer Helmut Schön in Argentinien recht unrühmlich mit der Niederlage gegen Österreich:


Onkelchen kann sich noch gut erinnern, dass er angesichts des nervenzerfetzenden Verlaufs des Österreich-Spieles zusammen mit seinem Bruder und ein paar Kumpels kicken gegangen war und erst, als er wieder nachhause kam, von dem epochalen Debakel erfuhr. Dass Deutschland trotz einer insgesamt enttäuschenden Turnierleistung gegen den Nachbarn aus der Alpenrepublik verlieren könnte, hätte er damals eigentlich nicht für möglich gehalten - sonst hätte er wahrscheinlich weiter am Fernsehen ausgeharrt und den Mannen um Berti Vogts die Daumen gedrückt.

Zunächst nahm er die Nachricht von der Niederlage noch gelassen auf - als dann aber das "Heute-Journal" die entscheidende Spielszene mit dem österreichischen Originalton von Edi Finger unterlegte, wurde ihm aber doch recht eigenartig zumute. Das "Tooaaaaa, Toaaaa, Toaaaa, i wer narrisch" hätte Onkelchens beginnendes Fußballinteresse fast abgewürgt.

Dabei hatte sich Onkelchen auf die WM 1978 akribisch vorbereitet. Seine Eltern hatten ihm aus dem örtlichen Eduscho-Laden ein Heft gekauft, in dem die teilnehmenden Mannschaften vorgestellt sowie der Austragungsmodus aufs Genaueste beschrieben wurden. Geradezu pedantisch füllte er die Ergebnisse in die dafür vorgesehenen Kästchen ein und behielt so jederzeit den Überblick über das sportliche Geschehen. Auch die Geographie Argentiniens ist ihm seither vertraut. Deswegen konnte er seinerzeit fachkundig vermelden, dass der zweite Platz, den die Deutschen nach der Vorrunde belegten, eigentlich gar nicht so schlecht sei, denn dadurch konnte die Mannschaft in ihrem vermeintlich so tollen Quartier in Ascochinga bei Cordoba bleiben; im Falle eines Gruppensieges hätte ein Umzug in das weit entfernte Mendoza angestanden. Leider traute Onkelchen damas noch den Berichten der offiziellen Medien. Die priesen nämlich den tristen Luftwaffen-Offiziersclub in Ascochinga selbst dann noch als bestmögliche Unterkunft für das deutsche Team, als sich dort schon der Lagerkoller breitgemacht hatte.

Leider verfügte Onkelchen zu diesem Zeitpunkt noch nicht über Fremdsprachenkenntnisse, sonst hätte er sich zusammenreimen können, dass der Name Ascochinga zu Deutsch "Toter Hund" bedeutete. Hier lag also im wahrsten Sinne des Wortes der Hund begraben.

Was ließ sich denn noch über die WM in Argentinien sagen? Experten stufen das Niveau des Turniers im Rückblick eher als mäßig ein. Die großen Stars der voraufgegangenen WM, Beckenbauer, Müller und Cruyff, waren nicht mehr angetreten. Die kommenden Branchengrößen wie Platini, Zico und Rummenigge waren noch nicht so weit, um dem Turnier ihren Stempel aufdrücken zu können. Diego Maradona war noch nicht im Kader der Argentinier, die immerhin als einige der wenigen Mannschaften der WM die Vorsicht vergessen ließen und ihr Heil im Angriff suchten.  Ein Festival des Mangels und der Entbehrung eben.

Schade ist auch, dass der Kölner Heinz Flohe, einer der begabtesten deutschen Fußballer aller Zeiten, bei diesem Turnier kaum Glanzlichter setzen konnte. Im Zwischenrundenspiel gegen Italien wurde er dann auch ziemlich rüde von einem der Azzurri abgeräumt und fiel für den Rest der WM aus. Ersetzt wurde er in den letzten beiden Spielen von dem Berliner Erich Beer, der wegen seiner hohen Stirn mitunter etwas großväterlich wirkte (von Onkelchens Papa ist die Frage überliefert: "Was hat denn der Opa da auf dem Platz zu suchen?").
   
Aus diesen Gründen wird die Argentinien-WM in den Geschichtsbüchern des Fußballs gerne mal überblättert. Immerhin hatten die Österreicher ihren Spaß, denn die hatten in ihrem letzten Spiel nichts mehr zu verlieren und schickten die Deutschen nach Hause (die selbst im Fall eines Unentschiedens noch Chancen auf das Spiel um Platz drei gehabt hätten). Insofern bildete Argentinien das Ende einer Ära. Auf die goldenen Siebziger Jahre folgten die silbernen Achtziger, in denen die deutsche Nationalmannschaft eher mit Attributen wie Kampfkraft und Willensstärke in Verbindung gebracht wurde denn mit Technik und Spielkultur. Aber auch in den Achtzigern war nicht alles schlecht.   

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