Ich und die Meinen

Ich und die Meinen

Herzlich willkommen!

So, das bin ich! Ich bin Kurt Palfi. Ich habe mir gedacht, jetzt muss mal ein neues Foto her. Leider hat Onkelchen ein Nacktfoto von mir hochgeladen. Aber ich sehe doch noch recht proper aus!
Wir (das sind ich, mein missratener Sohn Gianni Dona und Onkelchen, der alles für uns tippt) lästern in diesem Blog über alles, was gerade anfällt: Fußball, Politik, Film und Fernsehen, alles Mögliche. Viel Spaß!

Donnerstag, 21. Juli 2011

Frauen-WM: Triumph der Terrorkrümel

Die erste in Deutschland ausgetragene Fußball-WM der Frauen hat mit einem echten Kracher geendet: Japan, das keiner vorher auf der Rechnung hatte, schlug im Endspiel im Elfmeterschießen den großen Favoriten USA und ist nun Weltmeister! Mit ein paar Tagen Abstand wollen wir die WM nochmal Revue passieren lassen. Bei mir ist als Experte: Onkelchen!

Hallo.

Hättest Du gedacht, dass Japans Prachtnelken, so der Kosename für die Kickerinnen, Weltmeister werden würden? Ich jedenfalls nicht!

Das war schon eine Riesenüberraschung. Auch vor dem Finale gegen die USA hatte ich ihnen bestenfalls Außenseiterchancen eingeräumt. Und als die Amerikanerinnen dann in der Verlängerung nochmal in Führung gingen, dachte ich mir: Diese Messe ist gelesen. Aber falsch gedacht. Diese Terrorkrümel haben das tatsächlich geschafft. Respekt und Gratulation!

Woran lag es denn, dass die Nadeshiko so erfolgreich war und dass sie drei favorisierte Teams – Deutschland, Schweden, die USA – aus dem Weg räumen konnte?

Ich denke, dass die Disziplin eine ganz große Rolle gespielt hat. Die Disziplin und ein unglaublicher Mannschaftsgeist – wenn eine Spielerin einen Fehler macht, hilft die andere aus und geht auch mal den weiten Weg, wenn es sein muss. Darüber hinaus waren sie technisch sehr gut – und sie haben ein ganz simples Prinzip beherzigt: Wenn man selbst im Ballbesitz ist, kann der Gegner keine Tore schießen. Das war gegen Deutschland und Schweden ein Teil des Geheimnisses, gegen die USA im Finale sicher nicht so sehr, denn da sind die Japanerinnen ja lange nicht ins Spiel gekommen. Aber im Finale war es vor allem der Wille, der dazu geführt hat, dass sie das Spiel noch einmal drehen konnten. Der Wille und eine großartig aufgelegte Homare Sawa.

Und im Elfmeterschießen die Nerven der Amerikanerinnen.

Das sicher auch, obwohl die japanische Torhüterin ganz exzellent gehalten hat. Ich finde, sie stand etwas zu Unrecht im Schatten von Hope Solo.

Aber wir müssen uns noch einmal über das deutsche Team unterhalten. Auch wenn Japan späterhin den Titel geholt hat – woran lag es, dass Deutschland seiner Favoritenrolle so gut wie nie gerecht werden konnte?

Ich kann das sicher nicht vollständig erklären. Ich kann mir vorstellen, dass es einen Sportler oder eine Mannschaft schon sehr belastet, wenn man als zweifacher Weltmeister im eigenen Land antritt und jeder den Titel erwartet. Schließlich hatten die DFB-Frauen zwei Jahre vorher auch die EM souverän gewonnen und die U20 gewann vor einem Jahr sogar die U20-Weltmeisterschaft im eigenen Land. Man konnte sich einfach nicht vorstellen, dass man vor dem Halbfinale ausscheidet, und dann auch noch gegen Japan, das vor dem Turnier ja nun weiß Gott nicht zu den Favoriten zählte.
Es kann sein, dass nach dem Gruppensieg schon zu sehr der Gedanke an den Halbfinalgegner im deutschen Lager herumspukte. Das wäre natürlich eine fatale Nichtbeachtung des Herbergerschen Axions „Der nächste Gegner ist immer der schwerste“. Dazu kam, dass das Problem Birgit Prinz das beherrschende Thema für den deutschen Anhang darstellte.
Damit hängt auch zusammen, dass das deutsche Team gewissermaßen im Umbruch stand, obwohl das eigentlich niemand so gesehen hat. Denn ein großer Teil der Spielerinnen hatte ja bereits vier Jahre zuvor bei der WM in China gespielt und den Titel gewonnen. Mit Renate Lingor war aber eine Führungsspielerin von 2007 nicht mehr an Bord und Birgit Prinz war nicht in Form – zumindest mental nicht.

So blöd das klingt: Fehlte dem deutschen Team eine Spielmacherin?

(grinst) Gute Frage. Das erinnert mich an die achtziger Jahre, so an die Endphase der Derwall-Ära und die beginnende Amtszeit von Franz Beckenbauer. Da suchten alle händeringend nach einem Spielmacher und beklagten die fehlende Kreativität im deutschen Mittelfeld. Anscheinend gab es damals in Deutschland nur Rackerer und Kämpfer, aber keinen, der einen Ball halten und die Stürmer in Szene setzen konnte.
Damals war das Spielsystem viel starrer als heute: Heute sind die Verteidiger keine reinen Zerstörer mehr und auch Offensivleute müssen nach hinten arbeiten. In den achtziger Jahren brauchte man halt noch einen Verbinder zwischen den Mannschaftsteilen Abwehr und Angriff, einen Spielmacher, wenn man so will. Heute sind es in erster Linie die ursprünglich defensiven Mittelfeldspieler, die Doppel-Sechs, die einen Teil dieser Aufgabe übernehmen.
Und ich finde, dass Simone Laudehr und die von mir an anderer Stelle schon sehr gelobte Melanie Behringer sich da richtig reingehängt haben. An denen lag es nicht. Mich hat viel mehr gewundert, dass zum Beispiel Kerstin Garefrekes für meinen Geschmack zu häufig auf den Flügeln zu finden war, anstatt im Sturmzentrum die Kopfbälle einzunicken.
Es war vielmehr so ein bisschen wie in der Endphase von Berti Vogts: Viele Flanken aus dem Halbfeld, in der Hoffnung geschlagen, dass Kerstin Garefrekes oder dann gegen Ende Alexandra Popp die Bälle verwerten können. Das Problem ist halt: So eine Flanke ist lang in der Luft, die Abwehr und die Torhüterin können sich sehr gut darauf einstellen. Es fehlte im deutschen Spiel halt einfach das überraschende Moment, so etwa wie das zwischen 1998 und 2004 auch in der Männer-Nationalmannschaft der Fall war. So ganz glücklich hat auch Silvia Neid mit ihren Auswechslungen nicht agiert, denn trotz meiner Vorbehalte (die nichts mit ihrem Spiel zu tun haben) wäre vielleicht eine Lira Bajramaj, die auch mal den Ball halten kann, eine glücklichere Alternative gewesen. Damit wäre – vielleicht – ein belebendes Moment in das deutsche Spiel gekommen.
Und dann haben bei dem Gegentor eben die Abwehr und die Nadine Angerer nicht besonders gut ausgesehen. Das tut halt weh.

Hat die WM denn insgesamt die Erwartungen erfüllt?

Auf jeden Fall. Die beiden letzten Weltmeisterschaften fanden ja fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, man musste ja schon ein richtiger Frauenfußball-Fanatiker sein, um sich trotz der gewaltigen Zeitverschiebung die Spiele reinzuziehen. Zudem wurden 2003 und 2007 ja auch nicht alle Partien übertragen, der Normalbürger bekam von der Frauen-WM eigentlich erst was mit, als die deutschen Spielerinnen im Finale standen. Heuer konnte man sich alle Spiele live und in HD ansehen, das war schon eine neue Qualität. Sportlich wurde auch viel mehr geboten als bei diesem Liga-Total-Cup, diesem Kindergartenturnier mit verkürzter Spielzeit, das diese Woche lief.

Man hat aber auch teilweise deutliche Defizite gesehen. Die Fehlpassquote…

Dazu habe ich was gelesen, was ich ziemlich einleuchtend fand. Es ist jetzt einfach so, dass der Frauenfußball in den letzten Jahren hinsichtlich Tempo und Athletik eine gigantische Entwicklung hingelegt hat. Die Technik der Spielerinnen, die Balltechnik, konnte damit oft nicht unbedingt mithalten. Man hat also aufgrund des höheren Spieltempos weniger Zeit, den Ball zu kontrollieren und abzuspielen, aber die nötige Technik und Geistesgegenwart hat einfach noch nicht entsprechend nachgezogen. Auch hier waren die Japanerinnen, wie ich finde, vorbildlich, weil sie technisch und von der Laufbereitschaft her einfach rundheraus das beste Team waren. Mitunter meinte man ja, es wuselten 15 blaue Spielerinnen auf dem Feld.

Danke, Onkelchen!

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