Hallo Onkelchen. Morgen geht es also los mit dem Konklave.
Bist du schon sehr gespannt?
Wie ein Flitzbogen. Es geht jedesmal eine unglaubliche
Spannung von diesem ernsten und erhabenen Ritual aus, in dem der Oberhirte der
katholischen Kirche bestimmt wird. Es ist ein wohltuender Anachronismus, dass
die wahlberechtigten Kardinäle sich für ein paar Tage in vollständige Isolation
zurückziehen, um in Kontemplation den nächsten Papst zu wählen.
Wer wird es denn nun?
Das kann niemand sagen. Es gibt zwar Namen, die immer wieder
gehandelt werden – Erzbischof Angelo Scola aus Mailand, der brasilianische
Kardinal Odilo Scherer, der kanadische Kurienkardinal Marc Ouellet, daneben
auch Peter Turkson aus Ghana, dessen Aktien aber in den letzten Tagen laut
Presse wieder etwas nachgelassen haben sollen. Aber es ist nicht gesagt, dass
es einer von diesen vieren werden wird. Es kann auch ein Kardinal zum Papst
gewählt werden, an den jetzt noch keiner denkt.
Wie lange wird das Konklave denn dauern?
Ich lehne mich mal ganz frech aus dem Fenster und sage: Bis
spätestens Freitag ist die Sache entschieden.
Ehrlich? Es ist doch immer wieder davon die Rede, dass es
ein ganz besonders schwieriges Konklave sein wird, weil die Kirche doch vor so
vielen Problemen steht.
Das bestreite ich auch gar nicht. Aber es hat auf der
anderen Seite nie ein Konklave gegeben, das wirklich einfach gewesen wäre.
Nehmen wir das zweite Konklave von 1978: Zwei etwa gleich starke Lager, auf der
einen Seite die eher reformorientierten, die Kardinal Benelli unterstützten,
auf der anderen die Traditionalisten, die Kardinal Siri aus Genua favorisieren.
Nach dem ersten Tag stellt sich heraus, dass keiner der beiden aus dem jeweils
anderen Lager genug Stimmen ernten kann, damit es für die nötige
Zweidrittelmehrheit reicht. Ein langes Konklave droht. Dann beginnt eine Gruppe
von Kardinälen unter Führung des Wiener Erzbischofs Franz König am Abend damit,
sich für einen Kompromisskandidaten stark zu machen. Die Gruppe um König nimmt
Kontakt zu dem Warschauer Erzbischof Wyszynski auf. Der lehnt ab, aber die
Gruppe um König hat einen anderen Kandidaten im Visier, einen für vatikanische
Verhältnisse jungen Kardinal namens Karol Wojtyla. Beim nächsten Wahlgang zeigt
sich, dass es König gelungen ist, eine ansehnliche Anzahl von Stimmen für
Wojtyla zu sammeln. Noch reicht es zwar nicht, aber von diesem Augenblick an
gewinnt das Konklave eine Eigendynamik, die dazu führt, dass die zuvor
festgefahrenen Fronten bröckeln und immer mehr Kardinäle für Wojtyla stimmen.
Der Rest ist Geschichte.
So könnte es zumindest gewesen sein…
Ja, genau. Genaues weiß man natürlich nicht, da die
Kardinäle bei Strafe der Exkommunikation zu absolutem Stillschweigen vergattert
sind. Aber es gibt viele Quellen, die dafür sprechen, dass sich die Ereignisse,
die zu Wojtylas Wahl führten, sich so oder ähnlich zugetragen hatten.
Als könnte man sagen: Je länger das Konklave dauert, desto
besser sind die Chancen für einen Außenseiterkandidaten?
Jein. Albino Luciani wurde im ersten Konklave 1978 im
vierten Wahlgang, also noch am ersten Tag, gewählt, obwohl ihn kaum einer der
sogenannten Vatikan-Experten auf der Rechnung hatte.
Wie war das möglich?
Im ersten Konklave 1978 ging man ja noch wie
selbstverständlich davon aus, dass auf jeden Fall ein Italiener Papst werden
würde. Luciani war derjenige, der am wenigsten Ballast mitbrachte, der keinem
der beiden Lager eindeutig zuzurechnen war und deshalb auch für die meisten
Nicht-Italiener tragbar war. Die wollten in der Mehrheit keinen ausgewiesenen
Traditionalisten wie Siri, gleichzeitig war Luciani aber auch für einige der
konservativen Kardinäle akzeptabel.
Wie läuft denn ein Konklave ab?
Nun ja, zunächst einmal hinter verschlossenen Türen, deshalb
heißt es auch Konklave, zu Deutsch: Mit den Schlüsseln. Denn die Kardinäle
werden quasi eingeschlossen und dürfen ihr Exil erst verlassen, wenn der neue
Papst bestimmt ist. Wenn wir beide vor Ort wären, würden wir bald vor
Langeweile gähnen. Denn jeder der bis zu vier Wahlgänge, die an einem Tag
stattfinden, folgt demselben Schema: Die Kardinäle schreiben mit verstellter
Handschrift den Namen des von ihnen bevorzugten Kandidaten auf einen Wahlzettel,
auf dem vorgedruckt steht: ELIGO in
SUMMUM PONTIFICEM (ich wähle zum höchsten Brückenbauer). Dann wird einer nach
dem anderen aufgerufen, jeder schwört, wenn er vortritt, dass er denjenigen
gewählt hat, der nach seiner Meinung am besten geeignet ist, der neue Papst zu
werden. Das ist eine langwierige Prozedur, und viele Kardinäle, die ihre Stimme
bereits abgegeben haben oder noch darauf Warten, verbringen diese Übergangszeit
im Gebet. Wenn alle ihre Stimmzettel abgegeben haben, wird gezählt, und zwar so,
dass drei anwesende Kardinäle bei der Zählung zum selben Ergebnis kommen
müssen. Bei der Auszählung wird der Name jedes Kandidaten, der auf den
Wahlzetteln steht, laut ausgerufen. Die Kardinäle können somit, wenn sie mögen,
Strichlisten führen, um den Gang der Abstimmung zu verfolgen, müssen aber diese
Unterlagen nach der Wahl vernichten. Steht eine Zweidrittelmehrheit fest, dann
wird der siegreiche Kandidat gefragt, ob er die Wahl annimmt. Ist dem so, dann
werden die Wahlzettel in einem Ofen verbrannt, und den Wahlzetteln wird eine
Chemikalie beigefügt, die den Rauch weiß werden lässt. Wurde keine Mehrheit
erzielt, dann werden die Wahlzettel entweder einfach so verbrannt oder es wird
noch etwas Ruß beigemischt, damit der Rauch auch schwarz erscheint. Und wenn
der weiße Rauch aufsteigt, ertönen auch die Glocken des Petersdomes.
Wow.
Oft ist es so, dass das Konklave nach den ersten Wahlgängen
so etwas wie eine Eigendynamik entwickelt. Dann kann es passieren, dass ein
Kardinal, der zunächst nur bei etwa zwanzig Stimmen lag, dann plötzlich 45 oder
50 bekommt und im darauffolgenden Wahlgang dann die Entscheidung fällt. Der
entsprechende Kandidat hat dann allerding sehr oft nur sehr wenig Zeit, sich
auf diese Situation einzustellen. Da kann es sein, dass man am frühen Morgen
noch ganz gelöst ind Konklave geht und am Nachmittag ist man schließlich Papst!
Ich denke, du wolltest sicher noch etwas sagen…
Jawohl: Extra omnes! Mit diesen Worten werden die Türen
hinter den Kardinälen geschlossen, und damit ist das Konklave dann eröffnet.
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