Es ist geschehen: Diese Woche habe ich mir den Film "The Hunger Games" in der englischen Originalversion angesehen. Es war schon ungewöhnlich, so viele Frauen im Kino zu sehen, die sich ein Splatter-Movie reinziehen. Hinter mir saßen zwei Amerikaner, die sich ständig über ihre körperlichen Übungen und ihren Fitnesszustand unterhielten. Zumindest bevor der Film anfing. Während des Films hatten sie dann die Güte, still zu sein.
Die Filmumsetzung war ziemlich packend. "Relentless" ist der richtige Ausdruck dafür. Der Film geht einem, ähnlich wie das Buch, ziemlich an die Nieren. Harter Stoff. Nur bin ich es langsam leid, wenn die Regisseure meinen, der Geschichte durch ständig wackelnde Kameraeinstellungen einen Pseudo-Dokumentationscharakter verleihen zu müssen. Das fiel mir besonders bei den Szenen im Distrikt 12 zu Beginn des Films auf. Vielleicht war der Kameramann aus dem Distrikt 12 ja vor Hunger so geschwächt, dass er die Kamera nicht richtig halten konnte.
Und dann diese Close-Ups. Jennifer Lawrence alias Katniss guckt wie eine waidwunde Pietà in die Kamera. Immer derselbe schockiert-verzweifelt-trotzige Blick. Die hoffnungsvolle Schauspielerin mag zwar für den Film auf Bäume geklettert sein und Bogenschießen gelernt haben, aber ihre Mimik in den ultranahen Close-Ups ist nicht gerade abwechslungsreich. Irgendjemand muss ihr spätestens bis zum nächsten Film verklickern, dass sie keine trauernde Muttergottes spielen soll, sondern eine Jeanne d'Arc. Das muss sie hinkriegen, sonst droht für den Nachfolgefilm "Catching Fire" die Goldene Himbeere. Unausweichlich.
Der Regisseur des ersten Teils hat ja bereits signalisiert, dass er für den zweiten Film nicht zur Verfügung steht. Angeblich sind zeitliche Probleme daran schuld. Aber ich befürchte, er hat das zweite Buch gelesen und gemerkt, dass man daraus leider nicht viel machen kann, weil es über weite Strecken leider nur eine schwache Reprise des ersten Teils ist.
Eine komische Note zum Schluss: Unmittelbar nach Beginn des Filmes singt Katniss ihrer kleinen Schwester ein Schlaflied, um sie zu beruhigen. Ich war in diesem Moment so sehr versucht, "Soft Kitty" zu singen. So ungefähr wie hier (ab 1:07):
Aber das hätte wohl keiner kapiert. Das Publikum hätte mich wahrscheinlich gelyncht, obwohl die beiden Amis, die hinter mir saßen, die Anspielung möglicherweise verstanden hätten. Es ist einfach ein Sakrileg, Idole zu dekonstruieren. Dabei hätte ein kleiner befreiender, witziger Moment dem Film gutgetan, der ansonsten völlig humorfrei und ziemlich beklemmend war. Ein bisschen "Soft Kitty" hätte daher nicht geschadet.
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