Es ist wieder einmal ein verregneter Feiertag im Lockdown.
Seit dem Beginn der abermaligen Kontaktbeschränkungen hat Onkelchen so ziemlich
alle Filme und Serien gesehen, die im Basisangebot von Amazon Prime enthalten
sind. Ja, auch die schlechten. (Die vor allem.)
Für sein bizarres Hobby, die in Ehren ergrauten
Computerspiele des digitalen Pleistozän auf modernen Rechnern zum Laufen zur
bringen, kann er sich momentan nicht erwärmen. (Es sind noch genügend da, keine
Bange!) Denn in der Regel ist sein PC vor lauter Hin- und Herinstallieren
hinterher in einem solchen Chaos, dass nur die komplette Löschung der
Festplatte nebst Wiederaufsetzen des
Betriebssystems wieder einen einigermaßen brauchbaren Betriebszustand
herzustellen vermag.
Eigentlich wäre das ja die beste Gelegenheit, um sich wieder
auf eine analoge Freizeitbeschäftigung zu besinnen. Ganz ohne Computer und
Internet. Ein Nachmittag wie heute schreit sozusagen nach einem guten alten
Gesellschaftsspiel. Leider ist Onkelchen im Lockdown aber die Gesellschaft abhanden
gekommen, und das macht die Dinge schwierig.
Früher hätte man einfach das gute alte Karopapier
hervorgekramt und per Telefon mit einem Kumpel „Schiffe versenken“ gespielt.
Jüngeren Lesern, die sich auf diesen Blog verirren, sei gesagt, dass die Beteiligten
männlichen wie weiblichen Geschlechts (und Hermaphroditen) dazu lediglich ein
Stück Karopapier und einen Bleistift beziehungsweise einen Kuli benötigen, und
schon kann es losgehen. Leider hat Onkelchen auf diese einfachste aller
Strategiesimulationen zur See nun gar keine Lust (wahrscheinlich, weil er in
seiner Jugend einmal zu oft verloren hat. Es ist einfach nicht ratsam, alle
Schiffchen wie ein Knäuel ganz nahe beieinander aufzustellen – man muss sie
schön über die Planquadrate verteilen, wenn man eine Chance haben will).
Auch eine weitere Sache mag dazu beitragen, dass Onkelchen
mit strategisch fordernden Spielen wie Schach und Schiffe versenken nicht so
furchtbar viel anfangen kann: Das Geschehen ist ihm einfach zu abstrakt,
Onkelchen hat es gerne haptisch. Da sowieso keiner gegen ihn „Trivial Pursuit“
spielen mag, griff er bei Geburtstagsfeiern und ähnlichen Anlässen (als das
noch möglich war) gern zu der List, spät abends die Schachtel mit dem „Tipp
Kick“ herauszuholen und den grünen Filz auf dem Tisch auszubreiten. Onkelchen
ist zwar beim Tischkickern keine Leuchte, aber „Tipp Kick“ unterfordert ihn
zumindest nicht. Ein Druck aufs Knöpfchen, und der zwölfeckige sogenannte Ball
kullert munter übers Spielfeld, manchmal sogar ins Tor!
Nun bringt es der Lockdown halt mit sich, dass ihm für das
fröhliche Knopfdruck-Kickern ein Gegenüber fehlt. Während Schach und Schiffe
versenken problemlos remote möglich sind (es genügt schließlich, einfach den
Zug telefonisch durchzugeben), ist das bei „Tipp-Kick“ schon etwas schwieriger.
Es spielt sich einfach besser, wenn die beiden Kontrahenten zumindest im selben
Raum anwesend sind, und das ist in Corona-Zeiten mit gewissen Schwierigkeiten
behaftet.
Aber Onkelchen wäre nicht Onkelchen, wenn er nicht
gedanklich zum Kern des Problems vorstoßen würde. Denn sowohl beim Schach als
auch beim Schiffe versenken ist das Spielfeld in Planquadrate unterteilt.
Darüber hinaus gibt es eine einfache und überall verständliche Notation, die
die Übermittlung des Spielgeschehens sehr vereinfacht. So wie 1914 in Sankt
Petersburg bei Lasker gegen Capablanca: „Se4-c5!“ „Treffer,
versenkt!“
Daher hat es sich Onkelchen nun zur Aufgabe gemacht, auch
für „Tipp-Kick“ eine Notation zu erfinden, mit der man die Spielzüge
geschmeidig per Telefon durchgeben kann. Die Unterteilung des Fußballfeldes inPlanquadrate wurde indessen bereits in den 1920er-Jahren unternommen. Damals
hatten Hörfunkreporter versucht, den Zuhörern das Geschehen auf dem Platz
näherzubringen, indem sie das Rasenviereck in 60 Planquadrate einteilten. Die
dazugehörigen Skizzen wurden damals in den weit verbreiteten
Hörfunkzeitschriften abgedruckt. Dasselbe, denkt sich Onkelchen, müsste sich
doch auch bei „Tipp-Kick“ machen lassen: D2 auf H5, weiß liegt oben! Im Grund
könne es sogar funktionieren, es bedarf aber zweifellos noch einer gewissen
Verfeinerung. Wir dürfen gespannt sein.
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